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Brachytherapie bei Niedrig-​Risiko-Prostatakrebs wird auch ambulant eine Behandlungsalternative

Patienten mit Niedrig-Risiko-Prostatakrebs erhalten mit der Low-Dose-Rate (LDR)-Brachytherapie nun auch in der ambulanten Versorgung eine weitere Behandlungsalternative. Den entsprechenden Beschluss fasste der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am Donnerstag in Berlin. Die Brachytherapie ist ein organ­erhaltendes, minimalinvasives Bestrahlungsverfahren, bei dem die Strahlenquelle in den Körper ein­gebracht wird. Im Vergleich zu den anderen verfügbaren Therapiealternativen, wie Entfernung der Pros­ta­ta oder äußere Strahlentherapie, weist die Brachytherapie ein anderes, häufig für den Patienten vorteil­hafteres Nebenwirkungsprofil auf.

„Die LDR-Brachytherapie erweitert für Männer, die an Prostatakrebs erkrankt sind, die Behandlungs­mög­lichkeiten. Im Vergleich zu den verfügbaren Therapieoptionen hat die innere Strahlentherapie andere Vor- und Nachteile: Insbesondere für Patienten, die eine Entfernung der Prostata als zu belastend ablehnen und für die auch eine mehrwöchige äußere Strahlentherapie nicht in Frage kommt, kann die LDR-Brachy­therapie die geeignete Therapieoption sein. Da die individuelle Lebenssituation eines Patienten bei der Entscheidung von besonderer Bedeutung ist, hat der G-BA die Brachytherapie mit einer standardisierten Patienteninformation verbunden, die der Arzt oder die Ärztin dem Patienten verpflichtend aushändigen muss. Ziel ist es, den persönlichen Abwägungsprozess zu unterstützen“, erläuterte Dr. Monika Lelgemann, unparteiisches Mitglied des G-BA und Vorsitzende des Unterausschusses Methodenbewertung.

Behandlung eines Niedrig-Risiko-Prostatakrebs mit LDR-Brachytherapie
Prostatakrebs – eine bösartige Veränderung der Vorsteherdrüse – ist die häufigste Krebserkrankung des Mannes und tritt überwiegend im fortgeschrittenen Lebensalter auf. Bei einem Niedrig-Risiko-Prostata­krebs ist der bösartige Tumor auf die Prostata begrenzt. Es sind nur einzelne Bereiche des Organs mit Krebszellen befallen, die wenig aggressiv sind.

Bei der interstitiellen LDR-Brachytherapie werden schwach radioaktive Strahlungsquellen (Low-Dose-Rate, LDR) über Hohlnadeln in die Prostata eingebracht, um den Krebs von innen zu bestrahlen und die bös­artigen Tumorzellen zu zerstören. Krankenhäuser können die innere Strahlentherapie bei Patienten bereits heute anwenden, wenn sie bestimmte qualitätssichernde Maßnahmen einhalten. Künftig gelten ange­passte Anforderungen sowohl für Krankenhäuser als auch für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte. So dürfen beispielsweise nur Fachärztinnen und Fachärzte für Strahlentherapie oder Urologie die Brachy­therapie durchführen, die zusätzlich über einen Nachweis der erforderlichen Fachkunde gemäß Richt­linie Strahlenschutz in der Medizin verfügen.

Vor- und Nachteile der Brachytherapie im Vergleich zu verfügbaren Behandlungsalternativen
Als Behandlungsmöglichkeiten eines Niedrig-Risiko-Prostatakrebs stehen neben der Brachytherapie auch die operative Entfernung der Prostata und die äußere Strahlentherapie zur Verfügung. Da ein Niedrig-Risiko-Prostata­krebs oft nur sehr langsam oder gar nicht wächst, kommt für die betroffenen Männer zudem die Strategie der aktiven Überwachung in Betracht. In diesem Fall kontrollieren Ärztinnen und Ärzte den Krebs mithilfe regelmäßiger Bluttests und Gewebeentnahmen. Erst wenn der Tumor wächst, greifen sie auf andere Therapien zurück.

Für die ärztliche Therapieempfehlung beim Niedrig-?Risiko-Prostatakarzinom spielen viele Faktoren eine Rolle, beispielsweise das Alter des Mannes und mögliche Begleiterkrankungen. Welche Alternative ein erkrankter Mann dann wählt, ist auch eine Frage der persönlichen Abwägung. Manche Männer möchten sichergehen, dass der Krebs aktiv behandelt wird und nehmen das Risiko von bestimmten Neben­wirkun­gen der Therapiealternativen wie Erektionsstörungen, Beschwerden beim Wasserlassen oder Darmtrakt­probleme in Kauf. Andere wollen Nebenwirkungen möglichst vermeiden und sind dafür bereit, regelmäßige Kontrolluntersuchungen wahrzunehmen. Zur Unterstützung einer sogenannten informierten Entscheidung stellt der G-BA eine Patienteninformation bereit, in der die verfügbaren Therapiealternativen zur Brachy­therapie sowie deren Vor- und Nachteile dargestellt werden.

Inkrafttreten der Beschlüsse
Mit seinem heutigen Beschluss hat der G-BA nicht nur die Brachytherapie für die ambulante Versorgung geöffnet, sondern auch den Rahmen für die stationäre Versorgung bestätigt. Die Beschlüsse werden dem Bundesministerium für Gesundheit zur Prüfung vorgelegt und treten nach Nichtbeanstandung und Ver­öffent­lichung im Bundesanzeiger in Kraft. Die Brachytherapie kann als ambulante Leistung von Ärztinnen und Ärzten erst dann erbracht und abgerechnet werden, wenn der Bewertungsausschuss über die Höhe der Vergütung entschieden hat. Das Gremium, in dem Vertreterinnen und Vertreter von Krankenkassen und Ärzteschaft verhandeln, muss innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten eine Abrechnungs­ziffer festsetzen.

Hintergrund: Bewertung der interstitiellen Brachytherapie bei Niedrig-Risiko-Prostatakrebs
Der G-BA ist vom Gesetzgeber beauftragt zu entscheiden, welchen Anspruch gesetzlich Krankenver­sicher­te auf medizinische Untersuchungs- und Behandlungsmethoden haben. Im Rahmen eines strukturierten Bewertungsverfahrens überprüft der G-BA, ob Methoden oder Leistungen für eine ausreichende, zweck­mäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein aner­kannten Standes der medizinischen Erkenntnisse in der vertragsärztlichen und/oder stationären Versor­gung erforderlich sind. Im Ergebnis entscheidet der G-BA darüber, ob und inwieweit – d. h. für welche genaue Indikation und unter welchen qualitätssichernden Anforderungen – eine Behandlungsmethode ambulant und/oder stationär zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) angewendet werden kann.

Das für die stationäre und ambulante Versorgung aufgenommene Bewertungsverfahren für die inter­stitielle Brachytherapie beim lokal begrenzten Prostatakarzinom musste vom G-BA aufgrund einer noch unzureichenden Datenlage ausgesetzt werden. Er legte in diesem Zusammenhang fest, dass die Brachy­therapie im Krankenhaus nur noch in Verbindung mit qualitätssichernden Maßnahmen erbracht werden kann. Neue Erkenntnisse erhoffte sich der G-BA von der sogenannten PREFERE-Studie (Präferenzbasierte randomisierte Studie zur Evaluation von vier Behandlungsmodalitäten beim Prostatakarzinom mit niedri­gem oder „frühem intermediären“ Risiko). Diese Studie musste jedoch im Jahr 2016 abgebrochen werden, da nicht ausreichend viele Männer für einen Therapievergleich rekrutiert werden konnten. Nach dem Abbruch der PREFERE-Studie nahm der G-BA die Beratungen im Jahr 2017 wieder auf und beauftragte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Gesundheitsversorgung (IQWiG) mit einer Update-Recherche zum Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Das IQWiG legte den beauftragten Rapid Report zur aktuellen Datenlage im November 2018 vor.

Bei seiner anschließenden Entscheidungsfindung berücksichtigte der G-BA neben den Ergebnissen des IQWiG weitere Evidenzsynthesen in Form von Health-Technology-Assessment-Berichten, aktuellen syste­matischen Übersichten und Leitlinien, insbesondere die deutsche S-3-Leitlinie. Einbezogen wurden vom G-BA zudem die anlässlich der erneuten Veröffentlichung des Beratungsthemas eingegangenen Ein­schätzungen einschließlich der dort benannten Literatur sowie die Stellungnahmen, die zum Beschluss­entwurf eingeholt wurden.

Zitiert nach einer Pressemitteilung des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 17.09.2020

Weitere Informationen zu Prostatakrebs finden Sie im Männergesundheitsportal