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Darmkrebs

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Darmkrebsvorsorge: Auch die kleine Darmspiegelung ist effektiver als ihr Ruf

Die als „kleine Darmspiegelung" bezeichnete flexible Sigmoidoskopie ist weniger aufwendig und weniger kostenintensiv als die endoskopische Unter­suchung des gesamten Dickdarms, die Koloskopie. Das macht sie als Darmkrebs-Screeningmethode interes­sant. Bislang wird die Sigmoidoskopie allerdings nur wenig zur Darmkrebsvorsorge eingesetzt. In Deutschland wird hierfür, neben dem Test auf Blut im Stuhl, ausschließlich die Koloskopie angeboten. Wissen­schaftler aus dem Deutschen Krebsforschungs­zentrum haben die Studien zur Sigmoidoskopie jetzt noch einmal unter die Lupe genommen und kommen zu dem Schluss: Ebenso wie bei der Koloskopie wurde das präventive Potenzial auch der Sigmoidoskopie bislang deutlich unterschätzt!

Durch eine einmalige flexible Sigmoidoskopie im Alter zwischen 55 und 64 Jahren lassen sich annähernd zwei von drei Krebserkrankungen im Mastdarm und unteren Bereich des Dickdarms verhindern. Das hat die zusammenfassende Neubewertung zweier großer Studien ergeben, deren Teilnehmer über mehr als 15 Jahre hinweg beobachtet wurden. „Unsere Analyse spricht für eine deutlich größere präventive Wirksamkeit, als es die Originalpublikationen nahelegen. Sie untermauert die Effektivität auch der Sigmoidoskopie in der Darmkrebs­vorsorge", so der DKFZ-Epidemiologe Hermann Brenner, der bei der Neuauswertung federführend war.

Bei der Sigmoidoskopie, der „kleinen Darmspiegelung", bleibt die Untersuchung auf den Mastdarm und untere Dickdarmabschnitte beschränkt, was für die Unter­suchten weniger belastend ist. Insbesondere sind keine aufwändigen vorbereitenden Maßnahmen zur kompletten Darmentleerung erforderlich. „Das ist ein wichtiger Aspekt mit Blick auf die Akzeptanz", betont Brenner. „Würde man die Sigmoidos­kopie als weitere Option für die Darmkrebsvorsorge anbieten, würden wahrscheinlich deutlich mehr Menschen die Darmkrebs­vorsorge nutzen."

Zur präventiven Wirksamkeit der Sigmoidoskopie liegen insgesamt vier prospektive randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) vor, die alle zu ähnlichen Ergebnissen kamen. Laut einer früher veröffentlichten Analyse der zusammengefassten Studiendaten bewegt sich das präven­tive Potenzial der kleinen Darmspiegelung in folgen­der Größenordnung: Wenn Einladungen zur Vorsorge-Sigmoidoskopie erfolgten, ließ sich das Auftreten von Darmkrebs um 21 Prozent reduzieren, wobei sich das Risiko von Tumoren im unteren Dickdarm um 32 Prozent verringerte. Die Darmkrebs-Sterblichkeit ließ sich mittels Sigmoidoskopie um 20 Prozent reduzieren. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts erkrankt in Deutschland einer von 15 Männern und eine von 19 Frauen im Laufe des Lebens an Darmkrebs.

Diese Zahlen müssen laut der Neuauswertung der DKFZ-Wissenschaftler nach oben korrigiert werden. Denn auch bei RTCs, die als Goldstan­dard für den Nachweis von Screening-Effekten gelten, kann es methodische „Unschärfen" geben, die das Ergebnis verfälschen können. Darauf hatten die Epidemiologen vom DKFZ schon früher aufmerksam gemacht. Ein bei den Studien zur Darmkrebsvorsorge besonders relevantes Problem ist die sogenannte Prävalenz-Verzerrung. Das Ziel von Vor­sorgestudien ist herauszufinden, wie viele neue Krebsneu­erkran­kungen sich durch eine bestimmte Maßnahme verhindern lassen. Bei der Auswertung dieser groß­angelegten Studien wurde in der Vergangenheit aber nicht unterschieden zwischen tatsächlich neu aufgetretenen Krebserkrankungen und Krebserkrankungen, die bei Studien­beginn zwar noch nicht entdeckt, aber dennoch schon vorhanden und damit auch nicht mehr zu verhindern waren. Diese noch unent­deckten, aber bereits vorliegenden Krebserkrankungen wurden bei den bisherigen Auswertungen der Screening-Effekte mitgezählt, so dass das ermittelte präventive Potenzial geringer ausfiel, als es tatsächlich ist.

Die Prävalenz-Verzerrung durch unentdeckte Darmkrebserkrankungen war einer der Aspekte, die die DKFZ-Wissenschaftler im Blick hatten, als sie das präventive Potenzial der kleinen Darmspiegelung neu kalkulierten. Und das kam bei der Neuanalyse heraus: Wurden alle Proban­den der Screening-Gruppe mit der Kontroll­gruppe verglichen, so ergab sich ein um 29 Prozent geringeres Darmkrebsrisiko. Allerdings ist es in Studien nicht anders als „im wahren Leben": Längst nicht alle Teilnehmer verhalten sich so, wie es mit dem Arzt vereinbart ist. Deshalb ergab sich noch mal ein anderes Bild, wenn bei der Auswertung nur diejenigen berück­sichtigt wurden, die die Vorsorge­unter­suchung tatsäch­lich wahrgenommen hatten. Dann ergab sich nach Sigmoidoskopie ein um 41 Prozent verringertes Darmkrebs­risiko. Und noch deut­licher fiel der präventive Nutzen bezüglich Tumoren der unteren Dickdarmabschnitte aus, die bei einer Sigmoidoskopie direkt einge­sehen werden: Tumoren der unteren Darmabschnitte ließen sich mittels einer vorsorglichen Sigmoidoskopie zu 66 Prozent verhüten.

„Das sind hochrelevante Zahlen", erklärt Mitautor Michael Hoffmeister und spricht sich dafür aus, auch den Stellenwert der Sigmoidoskopie in der Darmkrebs­vorsor­ge zu überdenken. Und Hermann Brenner ergänzt: „Mit unseren Analysen konnten wir zeigen, dass nicht nur die Koloskopie, sondern auch die Sigmoidoskopie deut­lich stärkere präventive Effekte hat, als es die bisherigen Auswertungen nahelegten. Beides sind hoch effektive Verfahren, mit denen ein Großteil der Darmkrebs­erkran­kungen verhütet oder zumindest früh erkannt werden kann. Mit einer Sigmoidoskopie, die in der Vorbereitung und Durchführung deutlich weniger Aufwand erfordert als eine komplette Darm­spiegelung, könnten auch Menschen, die vor einer Koloskopie zurückscheuen, ihr Darmkrebsrisiko deutlich verringern. Diese Chance sollten wir ermöglichen und den erwiesenen Nutzen auch der Sigmoidoskopie besser kommunizieren."

Hermann Brenner, Thomas Heisser, Rafael Cardoso, Michael Hoffmeister: The underestimated preventive effects of flexible sigmoidoscopy screening: Re-analysis and meta-analysis of randomized trials. European Journal of Epidemiology, 2024, DOI: 10.1007/s10654-024-01120-w

Zitiert nach einer Pressemitteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums vom 24.04.2024

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