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Gedankenkarussell im Bett: Immer mehr Deutsche liegen nachts wach
Wenn die Augen am Abend nicht zufallen wollen und die Gedanken nachts Karussell fahren: Immer mehr Menschen leiden unter Schlafproblemen, die keine organische Ursache haben. Laut Daten der KKH Kaufmännische Krankenkasse stieg die Zahl der ambulanten Diagnosen psychisch bedingter Schlafstörungen von 2014 auf 2024 bundesweit um 73,5 Prozent, von 2023 auf 2024 allein um rund neun Prozent. Damit sind die Fälle nicht nur auf dem höchsten Stand seit Beginn der KKH-Erhebung im Jahr 2014, sondern von 2023 auf 2024 auch am stärksten innerhalb eines Jahres gestiegen. „Zu nicht organisch bedingten Schlafstörungen zählen Einschlaf- und Durchschlafstörungen sowie Albträume und Angsttraumstörungen, wie sie unter hohen psychischen Belastungen entstehen können“, erläutert Dr. Aileen Könitz, Ärztin und Expertin für psychiatrische Fragen bei der KKH. Bundesweit erhielten zuletzt 18 von 1.000 KKH-Versicherten eine entsprechende Diagnose.
Vor allem die Generation Z leidet zunehmend unter Schlafproblemen, denn in keiner anderen Altersgruppe sind die Fälle so stark gestiegen. So verzeichnet die KKH im Zehnjahresvergleich bei den 25- bis 29-Jährigen das deutlichste Plus von gut 113 Prozent. Im Fünfjahresvergleich und innerhalb der beiden letzten Auswertungsjahre stiegen die Diagnosen hingegen bei den 20- bis 24-Jährigen am stärksten an: von 2019 auf 2024 um 45 Prozent, von 2023 auf 2024 um gut 15 Prozent.
Jeder Zweite schläft mehrmals die Woche schlecht
Ursachen für nächtliches Wachliegen können unter anderem Konflikte und Überforderung im Beruf und Privatleben sein, traumatische oder belastende Ereignisse wie etwa der Verlust eines nahestehenden Menschen oder der Dauerkrisen-Modus in Deutschland und der Welt. Eine Online-Befragung der KKH unter 500 gesetzlich und privat versicherten Personen zwischen 18 und 70 Jahren zeigt: Gut die Hälfte der Befragten (57 Prozent) hat aktuell an mindestens drei Tagen pro Woche Schlafprobleme – sei es, dass sie abends schlecht einschlafen können oder nachts häufiger aufwachen. Die meisten davon (62 Prozent) geben an, dass ihre Gedanken dann häufig um Probleme und Sorgen kreisen. Gut die Hälfte fühlt sich durch schlechten Schlaf tagsüber weniger leistungsfähig. Knapp 40 Prozent sagen, ihre Stimmung sei am nächsten Tag häufig gedrückt, und 37 Prozent sind tagsüber häufig gereizt. 28 Prozent haben darüber hinaus beobachtet, dass sie schlechter einschlafen, wenn sie digitale Geräte vor dem Zubettgehen nutzen.
„Unsere Umfrage zeigt, dass viele bereits eine Schlafstörung entwickelt haben“, sagt Aileen Könitz. Denn wer über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten grübelnd im Bett liegt, nicht einschlafen oder durchschlafen kann, zählt zu den Betroffenen. „Auf Dauer können Schlafstörungen und regelmäßiger Schlafentzug der Gesundheit schaden“, warnt die Expertin. „Dadurch erhöhen sich beispielsweise die Infektanfälligkeit sowie das Risiko für Depressionen und Angststörungen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Andersherum können Schlafstörungen auch eine Folge von psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder posttraumatischen Belastungsstörungen sein.“
Generation Z besonders betroffen – warum?
Junge Erwachsene sind mit einer Vielzahl von Herausforderungen konfrontiert, etwa mit Zukunftsängsten durch wirtschaftliche Unsicherheit und soziale Ungleichheit. Dies kann zu einem vermehrten Stressempfinden und Angstzuständen führen. Viele Zoomer pflegen darüber hinaus eine unregelmäßige Schlafroutine, gehen spät ins Bett und schlafen lange, was den natürlichen Schlafrhythmus aus dem Lot bringen kann. Auch die intensive Nutzung von Smartphones, Tablets & Co. kann die Nachtruhe negativ beeinflussen. Wer kurz vor dem Zubettgehen oder gar im Bett zu viel streamt, chattet und postet, sorgt für eine verzögerte Ausschüttung von Schlafhormonen und eine erhöhte geistige Aktivität, was wiederum zu einem unruhigen Schlaf führt.
Schlafräubern ein Schnippchen schlagen
Ein gesunder, erholsamer Schlaf hängt nicht nur von der Schlafmenge ab, sondern vor allem auch von der Schlafqualität. Diese sinkt mit zunehmender Unterbrechung der jeweiligen Schlafphasen. Neben dem Grübeln, Chatten und Streamen können auch äußere Faktoren wie beispielsweise der Konsum von Alkohol die Schlafqualität negativ beeinflussen. Bereits geringe Mengen Alkohol können zwar das Einschlafen erleichtern, führen aber häufig zu Durchschlafstörungen und einer schlechteren Schlafqualität. Weitere Schlafräuber können ein zu voller oder zu leerer Magen, der Genuss von Koffein oder Nikotin sowie intensiver Sport oder körperliche Arbeit kurz vor dem Zubettgehen sein. Positiv auf das Einschlafen wirken sich hingegen Entspannungstechniken wie eine Meditation aus sowie körperliche Aktivitäten am Tag. Aileen Könitz empfiehlt nächtlichen Grüblern darüber hinaus, sich zu einer festen Tageszeit rund eine viertel Stunde lang bewusst mit den eigenen Ängsten und Sorgen zu beschäftigen, diese aufzuschreiben, wegzulegen und nicht mit ins Bett zu nehmen.
Halten Schlafprobleme trotz Berücksichtigung sämtlicher Tipps über längere Zeit an, sollten Betroffene ärztliche Hilfe suchen. Der Weg führt zunächst zum Hausarzt, um organische Ursachen gegebenenfalls auszuschließen und weitere Behandlungsmöglichkeiten zu besprechen. Die KKH macht zudem im September unter dem Motto „Wachliegen ist ein Zeichen und kein Zustand“ mit Aufklärungs- und Mitmachkampagnen auf das Thema Schlaf aufmerksam. Neben allgemeinen Informationen über das Wachliegen, Selbsttests und schnellen Hilfsangeboten wie Bodyscans können Versicherte auch digitale Präventionskurse zu Stressbewältigung und Entspannung wie 7Mind nutzen.
Hintergrundinformationen
Die KKH Kaufmännische Krankenkasse hat Versichertendaten zu nichtorganischen Schlafstörungen (Diagnose F51 nach ICD-10 inkl. nicht-organische Insomnie, Hypersomnie, Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus, Schlafwandeln, Pavor nocturnus, Angstträume) von 2014 bis 2024 erhoben. 2024 waren bundesweit rund 29.500 KKH-Versicherte betroffen. Der Anteil der Versicherten mit psychisch bedingten Schlafstörungen stieg bundesweit von 2014 auf 2024 von 1,0 auf 1,8 Prozent.
Darüber hinaus hat die KKH im Juli 2025 eine bundesweite Online-Befragung über das Online Access Panel Bilendi unter 500 gesetzlich und privat versicherten Personen im Alter von 18 bis 70 Jahren durchgeführt.
Zitiert nach einer Pressemitteilung der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) vom 23.09.2025